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Gähnen und Hirnnerven (Kopfarbeit 2)

hirnnerven: gähnen und kopfarbeit, Skizze gähnendes Mannzgöggeli mit Gehirn im Bauch

Wie kann Gähnen unsere Stimmung beeinflussen? Was haben Hirnnerven, Mimik und Atmung damit zu tun? Warum solltest du zu deinem eigenen Wohl nicht die Stirn in Falten legen, wenn du dies liest? Welche Hirnnerven werden beim Gähnen besonders angesprochen?

Hirnnerven

Die Hirnnerven leisten den Informationsfluss zwischen Gehirn und Körper für Bewegung und Empfindung. Beim Gähnen sorgen die Dehnung der Gesichtshaut und der darunterliegenden mimischen Muskulatur, sowie Kieferöffnung, Rachenweitung und Kehlkopfabsenkung dafür, dass einige der Hirnnerven sensibel und motorisch stark gefordert sind.

Unsere zwölf Hirnnerven gehören zum peripheren Nervensystem. Dieses umfasst den Teil des Nervensystems, der sich ausserhalb des Gehirns und des Rückenmarks befindet. Die zwölf Hirnnerven treten paarig direkt aus der Schädelbasis aus und sind für den Informationsfluss zwischen  Gehirn und den verschiedenen Körperteilen, Sinnesorganen, Muskeln und Organen verantwortlich. (Huch 2015, S.55f)

Unsere zwölf Hirnnerven gehören zum peripheren Nervensystem. Dieses umfasst den Teil des Nervensystems, der sich ausserhalb des Gehirns und des Rückenmarks befindet. Die zwölf Hirnnerven treten paarig direkt aus der Schädelbasis aus und sind für den Informationsfluss zwischen  Gehirn und den verschiedenen Körperteilen, Sinnesorganen, Muskeln und Organen verantwortlich. (Huch 2015, S.55f)

Hirnnerven Gesicht dargestellt als Zahlen

Die Zahlen auf der Abbildung dienen als Anhaltspunkt für den Bereich, mit dem der jeweilige Hirnnerv in Verbindung steht. Hervorhebung 5, 7, 9, 10 von S. Wagner. (Quelle: Salazar 2018)

Was passiert beim Gähnen? Einige der Hirnnerven werden durch die Bewegung und Empfindung im Gähnakt besonders gefordert: Der Kiefer wird gedehnt (V.), der Rachen geweitet (IX.), der Kehlkopf senkt sich ab (X.), die Gesichtsmuskulaturen spannen sich an (VII.) – dann löst sich alles wieder bzw. schwingt zurück in die Ausgangslage. Schauen wir uns die beteiligten Hirnnerven und ihre Aufgaben in diesem vereinfachten Ablauf genauer an:

Der V. Hirnnerv – nervus trigeminus

Der fünfte Gehirnnerv ist der «Drillingsnerv» mit seinen drei Hauptästen: Augenast, Oberkieferast und Unterkieferast. Diese geben ihm seinen Namen und seine Funktionen sind gemischt. Er leitet Empfindungen und Sinneswahrnehmungen aus dem Gesichtsbereich ans Gehirn und steuert die Kaumuskulatur von Ober- und Unterkiefer.  (Salazar, 2018)

die wichtigsten Kaumuskeln

Der erste Ast, der Augenhöhlennerv versorgt die Augenhöhlen und die Stirn mit Empfindungsfähigkeit. Der zweite Ast, der Oberkiefernerv, ist für die sensible Versorgung der Gesichtshaut unterhalb der Augenhöhlen zuständig, die Schleimhaut der Nase, die Oberlippe und die Zähne des Oberkiefers. Der dritte Ast, der Unterkiefernerv, hat zwei Funktionen: Sensibel versorgt er Unterlippe, Zahnfleisch und Zähne, motorisch ist er für alle Kau- und Mundbodenmuskeln zuständig. (Huch, 2015, S. 156)

Cubasch (2016, S. 47f) beschreibt: Beim Gähnen spannt sich die Gesichtshaut erst an und löst sich dann wieder – dieses Spannen und Lösen ergibt eine Regulation des Muskeltonus, die Gesichtshaut wird besser durchblutet und es kann ein Wärmegefühl entstehen und die Gesichtsfarbe wird rosiger.

Der VII. Hirnnerv – nervus facialis

Der siebte Gehirnnerv, der «Gesichtsnerv», ist verantwortlich für die vielfältige mimische Muskulatur. Die ca. 20 mimischen Muskeln bewegen keine Gelenke sondern die Haut. Damit regulieren sie Stellung und Weite der Öffnungen des Gesichts. Dies gibt dem Gesicht einen Ausdruck, mit welchem Gefühle und die seelische Befindlichkeit angezeigt werden. Der Gesichtsausdruck, die «Mimik», spielt eine grundlegende Rolle in der nonverbalen Kommunikation zwischen Menschen. Der Gesichtsnerv überträgt ausserdem die Geschmackswahrnehmung des vorderen Abschnitts der Zunge zum Gehirn. (Kenhub Online Atlas)

«Lachen mit den Augen»

Prof. Schnack (2016, S. 56) erklärt: «Lachen mit den Augen ist die wahre Botschaft des Herzens.» Der Gesichtsnerv steuert dies motorisch über die seitlichen Schläfenmuskeln um die Augen herum. Strahlende Gesichter und sympathische Lachfalten haben wir diesem Hirnnerv zu verdanken.

Lächelmuskel

Lächelmuskel (musculus risorius) Quelle: Kenhub Online Atlas

Der amerikanische Psychologe Paul Ekman entdeckte bei seiner Erforschung von Mimik einen Zusammenhang zwischen Gesichtsausdruck und Befindlichkeit. Das Nervensystem reagiert bei der Kontraktion spezifischer mimischer Muskeln mit einer emotionalen Antwort (facial feedback). Pohl (2010, S. 188ff) vermutet, dass nicht direkt der angespannte Muskel, sondern die mitreagierende Atemmuskulatur dafür verantwortlich ist. Positive Stimmung erzeugt das Anspannen des Lächelmuskels, wie schon Ende 80er-Jahre bekannt wurde («Lächeln macht lustig»). Negative Stimmung hingegen ergibt sich beispielsweise aus der Kontraktion des Augenbrauenrunzlers.

Gemäss Cubasch (2016, S. 48) regt der Gesichtsnerv zudem die Tätigkeit der Tränen- und Speicheldrüsen und zahlreicher weiterer Drüsen an. Das Gähnen hat also über den Gesichtsnerv zudem Einfluss auf die Sekretion von Flüssigkeiten in Mund, Augen und Nase. Vorgänge, die der Vitalität der Sinnesorgane und der Immunabwehr dienen.

Augenbrauenrunzler-Muskel

Augenbrauenrunzler (Musculus corrugator supercilii). Quelle: Kenhub Online Atlas

Der IX. Hirnnerv – nervus glossopharyngeus

Der neunte Hirnnerv ist der «Zungen-Rachen-Nerv». Dieser Nerv steuert die Bewegungen Rachenmuskulatur und überträgt Geschmacksempfindungen des hinteren Zungenabschnitts ans Gehirn. Die Informationen aus dem hinteren Zungenabschnitt sind wichtig für den Schluckakt. Der Zungen-Rachen-Nerv reguliert zudem die Ohrspeicheldrüse mit parasympathischen Fasern. Sensible Fasern versorgen die Rachenschleimhaut und das Trommelfell. (Huch 2015, S. 156 f) Die Zunge ist unser beweglichster Muskel und mit der Rachenmuskulatur ist sie an allen Artikulationsvorgängen wie Sprechen oder Singen beteiligt: «Beim Gähnen wird die Stimme physiologisch optimal eingesetzt.» (Cubasch 2016, S. 49) Mehr dazu im Interview mit Stimmexpertin Brigitte Ulbrich.

Der X. Hirnnerv – nervus vagus

Der zehnte Hirnnerv ist der Hauptnerv des parasympathischen Nervensystems, der Grosse Ruhe-Nerv. Der Sympathikus aktiviert uns, der Parasympathikus lässt uns ruhig werden.

Ruhemodus vs. Kampf/Flucht

Die gegensätzlichen Funktionen von Sympathikus und Parasympathikus. Quelle: Huch 2015, S. 169

Prof. G. Schnack (2016, S. 171) sieht den Nervus Vagus als Initiator zur individuellen und schnellen Tiefenentspannung: «… jeder Mensch [verfügt] über die Begabung, durch Selbstorganisation im Stressalltag die Dominanz der Glückshormone gegen die angstauslösenden Stresshormone durchzusetzen.» Dies gelingt, weil der Nervus Vagus der Hauptakteur des vegetativen Nervensystems und an der Versorgung fast aller inneren Organe beteiligt ist. Der Vagus reguliert zu Teilen das autonome Nervensystem, hat damit auch einen Einfluss auf unser Stresslevel und steht so in direkter Verbindung mit dem sympathischen Nervensystem. (Kenhub Online Atlas) Siehe auch: Gähnen und Entspannung.

Der Nervus Vagus ist ebenfalls an der motorischen Steuerung der Speiseröhre, des Rachens und des Kehlkopfs beteiligt. Das zugelassene Gähnen hat stets einen Einfluss auf das parasympathische Nervensystem: Es bewegt nicht nur Rachen und Kehlkopf, sondern das Schwingen des Zwerchfells (der Zwerchfelltiefstand) regt auch in Brust- und Bauchraum Bewegung und Dehnung an. So dient das Gähnen nicht nur Anregung des Atemvorgangs an sich, sondern auch die Verdauung, das Herz-Kreislaufsystem und die inneren Organe profitieren direkt und indirekt davon. (Cubasch 2016, S. 49) Bewegungsimpulse aus der Gesichts-Halsregion können von gewissen Hirnnerven mit Tiefenentspannung kombiniert werden. Der Grosse Ruhe-Nerv leitet diese dann an Herz, Lunge, Bauchraum und Muskulatur weiter. (Schnack 2016, S. 55)

Tipp für gute Laune

Es gibt Muskeln im Gesicht, deren Anspannung eine schlechte Stimmung verursacht oder verstärkt. Es gibt jedoch auch einen Muskel, den wir zur Stimmungsaufhellung benutzen können: Den Lächelmuskel! Das Trainingsgerät dazu ist ein einfacher Bleistift und die Trainingsdauer beträgt bloss eine Minute. Leg los!

Helga Pohl (2010, S. 191) beobachtete, dass bei der Anspannung von Muskeln, die einen negativen Gesichtsaudruck herstellen, die Anspannung hemmend auf die Atmung wirkt. Herabgezogene Mundwinkel, aufeinandergepresste Lippen, gerümpfte Nase und zusammengekniffene Augen hemmen die Vollatmung und machen uns so durch die Blockierung der Atembewegung schlechte Stimmung.

Lächle!

Klemme dir für eine Minute einen Bleistift horizontal zwischen die Zähne! (nicht zwischen die Lippen, das ist wichtig) und erlebe die Wirkung! Wie verändert sich deine Atmung dabei? Geht es leicht und von selbst, den Atem ganz in den Bauch fliessen zu lassen? Das nächste Mal, wenn sich eine Denkerfalte auf deiner Stirn breit machen will – denk dran: Bitte lächeln! Probiere es aus! Oder gähnen – wirkt auch, wie du jetzt weisst. Viel Erfolg beim Umstimmen und wenn du dein Erleben teilen magst, verfasse einen Kommentar (Formular unten an der Seite).

Umfrage zum Gähnen

Über 700 gültige Fragebogen sind nun im Datenpool und die Umfrage geht in den Endspurt.

Frage 28. Grafik  zu "Ich kenne aus Erfahrung verschiedene Möglichkeiten umd Gähnen bei mir anzuregen"

Haben die Teilnehmenden Erfahrung damit, Gähnen bei sich selbst anzuregen? 62% (n=441) der Teilnehmenden antworten bejahend. 93 Personen (13%) wissen nicht, ob sie Möglichkeiten kennen um sich selbst zum Gähnen zu bringen oder haben noch nie darüber nachgedacht. 25% der Teilnehmenden (n=182) geben an, dass sie keine Erfahrung damit haben, sich selbst zum Gähnen zu bringen.

Inspiration zum Gähnen

Diesen Artikel habe ich erstmals 2019 veröffentlicht. In der Reihe «Newsletter zum Gähnen» mit Themen rund ums Gähnen hatte ich mich inspirieren lassen von Andrew New­bergs Liste «12 wichtige Gründe zu gäh­nen» in «Der Fingerabdruck Gottes».

Aktualisiert: 24. Januar 2021 von Susanne Wagner

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